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Sport und MS- Wie passt das zusammen?


Noch vor wenigen Jahren galt der Grundsatz: Menschen mit MS sollen sich schonen und Sport nur moderat betreiben, um keine Schübe auszulösen.
Heute ist klar, dass diese Empfehlung nicht nur überholt, sondern falsch, ja sogar schädlich ist.
Warum?

MS- die Krankheit mit den 1000 Gesichtern schränkt Menschen manchmal in ihrer Beweglichkeit oder Bewegungsfreudigkeit ein. Sei es durch Koordinationsschwierigkeiten, Schwindel, ein steifes Bein oder auch eine bleierne Müdigkeit- die Fatique. Die Symptome machen es also einem/einer Betroffenen noch schwerer als dem Durchschnittsmenschen (der sich auch schon viel zu wenig bewegt), regelmäßig Sport zu betreiben. Dazu kommt die Wirkung des allgemein verbreiteten Narratives: MS wäre eine chronische, unheilbare Krankheit die - früher oder später - einen progredienten Verlauf habe und mit schweren Einschränkungen einher gehe. 
Der/die frisch diagnostizierte Patient*in bekommt also in der Regel eine düstere Zukunftsprognose was die eigene körperliche Leistungsfähigkeit betrifft und etliche Betroffene fragen sich bei Diagnosestellung: „Wie lange wird es noch dauern, bis ich im Rollstuhl sitze?“
Solche Befürchtungen haben ihre Wirkung: Der eigene Körper wird defizitär betrachtet- er funktioniert ja nun nicht mehr so wie er sollte oder wird es in einiger Zeit mit Sicherheit nicht mehr tun. Symptome werden im Sinne einer erwarteten Progredienz interpretiert: „Nun ist es soweit, mein Bein beginnt zu lahmen.“
Dies wiederum löst psychischen Extremstress aus- der in weiterer Folge zu einer ängstlich-passiven, vermeidenden Haltung führt. Aus lautet Angst, es könnte noch schlimmer werden, beginnt der Mensch, sich noch weniger zu bewegen. Wir kennen dieses Phänomen von verletzten Körperteilen, die dann Schonhaltungen begründen,  wodurch weitere Probleme entstehen.
Ein Teufelskreis hat begonnen.

Wir wollen Betroffene dabei unterstützen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen und  mit dem eigenen Körper in einen liebevollen und positiven Kontakt zu kommen. Sport ist eine wunderbare Möglichkeit, das eigene Körperbild und die Selbstwahrnehmung zu verbessern: Von "Ich schaff das nicht (mehr)" hin zu "Das kann ich (wieder)". Positive Erlebnisse mit dem eignen Körper stärken das Selbstbewusstsein sowie das Selbstvertrauen und haben enorme Auswirkungen auf die Selbstwirksamkeit: Ich selbst kann mein eigenes Leben zum Guten beeinflussen, bin nicht der Krankheit ausgeliefert. 
Wenn der eigene Körper wieder zurück „erobert“ wird, wenn der Mensch erkennt, welches enorme Potenzial im eigenen Körper steckt, kann sich Vieles zum Positiven wenden. 
Hier wollen wir unterschiedliche Forschungsergebnisse präsentieren, die die Wichtigkeit von Bewegung und  Sport- und hier vor Allem auch dem intensiven Training (High Intensity Intervall Training- HIIT) bei MS unterstreichen und motivieren sollen, damit zu beginnen oder weiter zu machen.

In diesem Podcast erfährst Du, wie Jasmin Nunige, selbst MS- Betroffene und Spitzensportlerin mit ihrer MS umgeht. 

Wäre Sport ein Medikament, würde es jeder kaufen!

Prof. Dr. Dr. Philipp Zimmer von der TU Dortmund leitet eine der führenden Forschergruppen zum Thema Sport und Multiple Sklerose. Dabei geht es nicht nur darum, wie Sport die Lebensqualität von Patient*innen verbessert, sondern auch darum ob Sport- wie ein Medikament den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann. Dabei ist auch die Frage entscheidend, welche Art von Sport besonders effizient für Menschen mit Multipler Sklerose ist. 
Warum sportliches Training und vor Allem welches eine der wichtigsten Säulen in der Behandlung von MS ist, erfährst Du im folgenden Video. 

Die neueren Studie zeigen, dass regelmäßiger und vor Allem intensiver Sport nicht nur die Lebensqualität von Betroffenen verbessert, sondern dass dadruch im Körper physiologische Prozesse ausgelöst werden, die den Krankheitsverlauf entscheidend verbessern! Studien zeigen, dass die  MS-typische Fatigue, für die bis dato keine Ursache geklärt ist, Sport eine der wenigen wirkungsvolle Maßnahme ist. 
Sport wirkt langfristig und verbessert die Lebensqualität. Ausdauertraining verbessert die Ausdauer und somit die Gehstrecke, Krafttraining hat signifikante positive Effekte auf die Kraft. 

Wäre Sport ein Medikament, würden es alle kaufen!

Sport und Bewegung sind für alle Menschen lebensnotwendig, das gilt genauso oder noch mehr für MS-Betroffene. Im Durchschnitt sitzt ein Erwachsener 8-12 Stunden pro Tag und bewegt sich 28 Minuten. Sport und Bewegung sollte so selbstverständlich wie Zähneputzen werden. Wenn man noch nie oder schon sehr lange keinen Sport gemacht hat, ist es sinnvoll, vor dem Beginn intensiver Sporteinheiten die Herzgesundheit überprüfen lassen, z.B. mit einem Belastungs-EKG. Die WHO empfiehlt für alle Erwachsenen 150-300 Minuten moderates oder 75-150 Minuten intensives Ausdauertraining und zusätzlich 2x Krafttraining pro Woche.

Für MS-Betroffenen wird besonders intensives Ausdauertraining empfohlen – in verschiedenen Studien zeigte dieses signifikant bessere Ergebnisse als moderates Ausdauertraining. HIIT (high-intensity interval training) verbessert z.B. das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit, MS-Symptome, Nebenwirkungen von Medikamenten, Leistungsfähigkeit und steigert so insgesamt die Lebensqualität.
Auch Krafttraining hat positive Effekte, so konnten z.B. in einer Studiengruppe eine Reduktion der Studien und eine Verlangsamung der Hirnvolumenabnahme beobachtet werden.

Fazit: 
Bewegung und Sport erhöhen die körperliche Leistungsfähigkeit bei MS, reduzieren bestimmte Symptome der MS, erhöhen die Lebensqualität und haben das Potential den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.